In den letzten 12 Monaten gab es einige positive Entwicklungen von Microsoft – und mindestens genauso viele Gegenentwicklungen von Google, die mich dazu bewogen haben, in die Cloud-Produkte von Microsoft zu wechseln. Sowohl privat als auch beruflich. Das sind meine Beweggründe.
Der Weg weg von Google
Lange Zeit war ich Freund von Google-Produkten. Obwohl ich erst recht spät mein erstes Smartphone gekauft habe, war es direkt ein Nexus von Google mit Android 4 und ich war wohl einer der Ersten unter meinen Kommilitonen, die regelmäßig die Sprachsteuerung benutzt habe, den Vorläufer des Google Assistants. Routen, Entfernungen, Definitionen abfragen oder den Wecker stellen. Noch heute nutze ich das gerne bei einem meiner 3 Google Home Mini, die man eine Zeit lang hinterhergeworfen bekommen hat.
Ich war zuletzt wirklich in der Google Cloud gefangen. Das Smartphone, der Google Chrome Browser, Google Pay als Zahlungs-App, Google Drive mit Backup & Sync, Google Fotos. Vor allem, weil es gute Produkte waren und es keine besseren Alternativen gab, die so bequem und exakt waren.
Aber was soll ich sagen? Einige Funktionen von Google Fotos wurden eingestampft, die Desktop-App von Backup & Sync reagiert oft nicht und zuletzt wurde die Google Play Music nach gerade mal 7 Jahren eingestellt zugunsten von YouTube Music. Im Web werde ich bei YouTube von Werbung bombardiert (keine Werbung? Hol dir Premium!) – schlimm.
Meine persönliche Schmerzgrenze scheint überschritten.
Im selben Zeitraum habe ich angefangen, mich mehr und mehr mit Microsoft-Produkten zu identifizieren, denn die schlimmsten Schmerzpunkte hat Microsoft behoben, die mich vormals zu Google trieben.
Der Weg hin zu Microsoft
Der erste wirklich rundum positive Kontaktpunkt mit Microsoft war beruflich gesehen Microsoft Visual Studio Code – ein vollwertiger HTML-Editor, der sich zu einer modernen IDE ausbauen lässt. Ich habe seit Macromedia Dreamweaver keinen Editor mehr gehabt, mit dem ich so zufrieden war und sowohl Verbindungsaufbau, als auch Versionierung, als auch Dateiverwaltung und noch viel mehr in meine Code-Umgebung integriere, ohne gleich mit Kanonen wie PHPStorm o.ä. auf Spatzen zu schießen.
Dann habe ich ohnehin mir ein privates Microsoft 365-Abo zulegen müssen, da Office-Dateien immer noch Gang und Gäbe sind. Hier habe ich mich mehr als gefreut, dass Microsoft all die Funktionen nachgeliefert hat, die mich vormals zu Google Docs gebracht haben. Insbesondere das kollaborative Arbeiten in Dokumenten mit mehreren Personen gleichzeitig ist ein Feature, das ich gerne nutze. Dateien per E‑Mail hin und her zu schicken machen für mich im Jahr 2020 keinen Sinn, und wer es wusste, konnte das schon 2014 mit Google-Dokumenten so handhaben. (PS: Kennt noch jemand Etherpad? ;))
Zu meinem großen Erstaunen ist inzwischen 1 TB Cloud-Speicher bei OneDrive in Microsoft 365 integriert. Warum soll ich da noch Geld bei Google One für Speicherplatz ausgeben? Noch dazu haben die die Preise gehörig angeschraubt. Die rund 100€ / Jahr für 2 TB, von denen ich die Hälfte nicht genutzt habe, kann ich mir jetzt sparen.
Die Integration von OneDrive in das Microsoft-Betriebssystem Windows 10 und die Synchronisierung sind um ein Vielfaches gelungener als die Google Backup & Sync-Variante.
Auch was das Ökosystem drum herum angeht, habe ich jetzt meine Fotoalben zu OneDrive migriert. Dadurch wird die Fotos-App von Microsoft voll funktionsfähig mit Zeitstrahl und Co. – Auch eine Gesichtserkennung wäre aktivierbar, würde Microsoft nicht selbst davor warnen, das Einverständnis aller abgebildeten Personen einzuholen. Immerhin – Google Fotos weist da nicht mal ordentlich darauf hin.
Lange Zeit war ich Microsoft böse für das Spiel, was sie mit Edge-Browser und dem Vorgänger Internet Explorer getrieben haben. Denn als Webentwickler war es eine Qual, Websites für die verschiedenen Versionen des Internet Explorers fehlerfrei zu entwickeln. Obwohl ich mich nicht zu den Early Adopters zählen würde, habe ich Chrome in einer der frühesten Versionen installiert und bin von Internet Explorer und Firefox dorthin gewechselt.
Seitdem Microsoft sich endlich dazu entschlossen hat, den Browser auf Chromium-Basis (derselben Basis wie Google Chrome) frisch aufzuziehen, entspannen sich meine Gesichtsmuskeln so langsam wieder. Denn eine Browser-Basis weniger heißt weniger Aufwand für Tests und Entwicklung. Ja, Apple, ich schaue dich an, wenn ich mich frage, warum du mit Safari deinen eigenen Weg gehen musstest, die der Grund waren, dass Chrome nicht mehr deinen Unterbau nutzt.
Ein Wechsel mit Hürden
Die Entscheidung war also vor kurzem Gefallen mit dem i‑Tüpfelchen, keinen MP3-Player von Google mehr zu haben und sich – gefühlt zum 10. Mal, vermutlich aber in meinem Leben zum 4. Mal – von der eigenen aufgebauten Playlist- und MP3-Sammlung zu trennen. Erst Winamp, dann Windows Media, Dann Google Play und nun also ein Mischmasch aus Amazon Music, YouTube, Groove Musik für Windows 10 und… ach, ich habe gar keine Lust mehr und höre seither viel häufiger wieder Radio.
Was nun gar nicht so leicht ist, ist, die Daten von A nach B zu kriegen. Zum Glück hatte ich kaum noch Google Docs-Dateien, die ich erst zu Word hätte konvertieren müssen. Der Komplett-Download von 1 TB und der Upload der ausgemisteten 400 GB zu OneDrive stellt sich jedoch als zeitaufwendig heraus. Digitales Neuland lässt grüßen. Das Uploaden dauerte mehrere Tage.
Ebenfalls problematisch war es, in dem Zuge die Microsoft-Accounts zu normalisieren. Denn für Exchange hatte ich bei IONOS ein Paket gebucht. Hier ergab der Zufall, dass der eingerichtete Spamfilter Amok lief und kurzerhand 3 Tage Maileingang vernichtete. Es war nicht so leicht, hier von einem Spezialprodukt – Office 365 EU in der Telekom-Cloud – in ein neues Microsoft-Konto direkt bei Microsoft zu wechseln. Tipp: Niemals mehr Microsoft 365 über einen Hosting-Anbieter holen. Da besteht Nachholbedarf.
Aber, man findet sich zurecht.
Ich persönlich wäre ein Fan davon, das Geld einem anderen Anbieter geben zu dürfen. Aber nach unschönen Erfahrungen mit Adobe (gehackt, seither viel Spam), Dropbox (gehackt, seither viel Spam) und der Next Cloud (nicht gehackt, aber wartungsaufwendig und einfach nicht modern genug aufgestellt) bin ich froh, mit meinen Daten jetzt ein neues Zuhause zu haben.
Und ich bin froh, dass sich alle Microsoft-Produkte, die ich in letzter Zeit in der Hand hielt, endlich auf einen modernen Stand gebracht werden und gut nutzbar sind. Ob Kalender, Todo oder Teams – im Detail mag da auch einiges nicht perfekt sein, aber es passiert sehr viel und wird mit jedem Monat nutzerfreundlicher – zumindest für mich.