In meiner Artikelreihe zu sevdesk geht es um die gleichnamige Software, die eigentlich die Buchhaltung vereinfachen soll. Wenn du zum ersten Mal hier bist, lies dir meinen ersten Beitrag dazu durch und erfahre, warum ich anfangs begeistert war und welche positiven Absichten ich mit der Veröffentlichung meiner Kritik verfolge.
Warum ich dennoch derzeit niemandem guten Gewissens empfehlen kann, dort Kunde zu werden, dazu veröffentliche ich in den kommenden Wochen weitere Artikel, die ein Gesamtbild erzeugen und jedem überlassen, meiner (Nicht-)Empfehlung zu folgen.
Spoiler: Das, was seit 2020 unter dem Begriff „Buchhaltung 2.0“ und neuerdings unter Version v2 (sic!) kursierte, ist bis heute nicht für alle sevdesk-Nutzer verfügbar, geschweige denn zuverlässig nutzbar und auch nicht mit Einschnitten.
Ursprünge einer viel zu langen Wartezeit und Werbeversprechen
Als ich 2022 sevdesk-Kunde wurde, bin ich dies mit der Absicht geworden, dass es sich um eine zuverlässige Buchhaltungssoftware handelt, die aktiv weiterentwickelt wird. Bei einem Unternehmen, das Kundenservice groß schreibt.
Zu diesem Zeitpunkt wurde bei sevdesk aktiv mit dem Begriff „Buchhaltungssoftware“ (u.a.) geworben. (Anm.: Inzwischen wird spitzfindig von „Vorbereitender Buchhaltung“ gesprochen und von Software, die sinngemäß die eigenständige Buchhaltung erleichtert – nicht ermöglicht)
Auch offizielle Informationen und Ratgeber erklären das Prinzip der SuSa, nur um im nächsten Schritt nahezulegen, man solle doch sevDesk für seine Buchhaltung nutzen.
Die Chronik des Versagens: Wie war die Kommunikation von sevdesk?
Genauso lange, wie ich dabei bin, also seit Anfang 2022, geisterte ein Gespenst unter dem Begriff „Buchhaltung 2.0“ herum. Im Jahresrückblick 2021 heißt es dabei allgemein:
Wie wollen wir sevDesk für dich noch besser machen?
Wir setzen den Fokus in Zukunft auf die Optimierung der gesamten Buchhaltungslogik.Damit stehen dir nicht nur neue Auswertungsmöglichkeiten zur Verfügung, sondern auch eine optimierte Nachvollziehbarkeit deiner gesamten buchhalterischen Vorgänge.
Darauf kannst du dich freuen:
- Direktverbuchung
- Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
- Summen-Salden-Liste (SuSa)
- Kontenblätter
Hier wurde zwar kein zeitliches Versprechen gegeben. Doch gräbt man etwas tiefer, findet sich bereits im Jahresrückblick 2020 folgende Einschätzung von sevdesk:
„Wir haben bereits einige buchhalterische Erweiterungen geplant, welche die BuHa 2.0 perfekt abrunden werden, wie bspw. Anzahlungen und Vorauszahlungen in sevDesk. […] Durch längeres Testen mit echten Nutzern, Verbesserung der Performance und der oben beschriebenen Erweiterung von BuHa 2.0 können wir die zusätzliche Zeit, welche wir zur Qualitätssicherung benötigen, perfekt nutzen. Unterm Strich können deutlich mehr Nutzer eine umfangreichere BuHa 2.0 verwenden. Das Projekt BuHa soll innerhalb Q1 2021 vollständig abgeschlossen werden.“
https://web.archive.org/web/20220521021458/https://sevdesk.de/blog/jahresrueckblick-2020/
Das letzte Mal, als ich in meinen Kalender geschaut habe, war Q1/2021 bereits 14 Quartale verstrichen.
Laut archive.org Wayback Machine ist der Jahresrückblick seit Mitte 2022 von der Website entfernt, d.h. es wird nicht mehr mit solchen Aussagen im Werbe-Blog geworben. Mindestens meiner Erinnerung nach an Diskussionen. Auch Foristen berichten hiervon, in diesem Fall konkret von der SuSa-Funktion als Teil der angekündigten Buchhaltung 2.0:
Wie ist denn der Stand zu SuSa-Liste?
https://forum.sevdesk.de/t/summen-saldenliste-als-wichtiges-basisinstrument/74/4
Steht ja schon seit 2017 auf der To-Do-Liste. Und letztes Jahr (2019) hieß es auch wieder, dass es in den ersten Monaten kommt. Ergebnis: keine Summen-Salden-Liste.
Den weiteren Verlauf dazu im Forum kann ich noch bruchstückhaft nachvollziehen. Bruchstückhaft, denn:
Die Lösung von sevdesk: *duck-und-weg*!
Statt also Maßnahmen zu ergreifen, sich bei Kund*innen zu entschuldigen, transparent in Dialog zu treten, wird die Kommunikation in Richtung zahlender Kunden minimiert. Für einige Nutzer nachvollziehbar wurden Fragen und zeitliche Aussagen „wegmoderiert“, wohl wissend, dass man sich bei sevdesk des Problems prinzipiell bewusst ist.
Doch über die Lösung der verfehlten Ziele sind sich Nutzer*innen und sevdesk uneins: Statt Verzögerungen aufzuarbeiten, wird fleißig gelöscht. Und: Es werden keine Angaben mehr gemacht, denn es heißt dazu im Forum:
Da es wie schon geahnt einige Verzögerungen gab und unsere Kunden umso mehr verärgert waren, haben wir uns dazu entschlossen keine zeitlichen Angaben mehr zu machen.
https://forum.sevdesk.de/t/was-unterscheidet-buchhaltung‑2–0‑und-buchhaltung/9377/13
Für mich gesprochen wurden Personen innerhalb ihrer Testphase – mindestens ich – überzeugt, Kunde bei sevdesk zu werden, weil Funktionserweiterungen seit 2021 in Aussicht gestellt wurden.
Was ist der aktuelle Stand? Verwirrung um Version v1 und Version v2 von sevdesk
Inzwischen, angeblich seit Sommer 2022, ist eine Version 2 verfügbar, auf die Kunden migriert werden. Den Beobachtungen und Auskünften dazu im Forum zufolge starten Neukunden mit Version 2, während Bestandskunden migriert werden. Wird nun alles gut?
Nein, denn diese Version enthielt jedoch nicht alle angekündigten Funktionen, wie aus einem Foren-Beitrag vom August 2024 deutlich wird.
wir möchten euch darüber informieren, dass euch ab sofort eine Summen- und Saldenliste Beta zur Verfügung steht. […]
https://forum.sevdesk.de/t/summen-und-saldenliste-beta/11871
Die wohl gemerkt als Beta titulierte SuSa kann nach Einschätzung von Foristen nicht produktiv eingesetzt werden, denn im Oktober 2024 heißt es:
Rechnungen, die aus neuen Angeboten in Version 2 erstellt werden, werden dann korrekt in die SuSa einfließen.
https://forum.sevdesk.de/t/summen-und-saldenliste-beta/11871/20
Auch das scheint nicht korrekt. Von Foristen – ich konnte es mangels Migration nicht prüfen – habe ich es so verstanden: Selbst Rechnungen, die 2025 in Version v2 erstellt werden, fließen nicht in die SuSa mit ein, wenn sie mit der Buchhaltungs- und Angebotslogik von Version v1 erstellt wurden.
Stand 31.12.2024 bin ich weiterhin auf Version v1. Das würde für mich folgendes bedeuten:
Angebote, die ich in 2024 versendet habe, die zu Aufträgen und Rechnungen in 2025 führen, werden nicht in die SuSa 2025 übernommen. Das heißt, eine korrekte Summen- und Saldenliste ist für mich, würde ich in 2025 migriert werden, überhaupt erst Ende 2026 möglich.
Überhaupt: Das parallele Entwickeln von 2 unterschiedlichen Versionen über mehrere Jahre ist ein Gau für knappe Ressourcen. Wohlwollend ausgedrückt für sevdesk haben die sich das sicherlich auch anders vorgestellt.
Da die Wissensdatenbank von sevdesk das Konzept zweier unterschiedlicher Versionen nicht kennt, finden sich wild gemischte Informationen, die sich Mal auf v1, mal auf v2 beziehen, weil diese unterschiedlichen Funktionsumfang haben.
Und auch im Community-Forum von sevdesk beobachte ich regelmäßig Rückfragen von Foristen, bei denen die erste Rückfrage aus der Community lautet: „Bist du auf sevdesk Version v1 oder Version v2?“ gefolgt von der Gegenfrage neuer Nutzer*innen und Bestandsnutzer*innen: „Woran erkenne ich das?“. Ich empfinde das als verwirrend.
Über die in dem Zuge plötzliche, aber nicht überraschende Preiserhöhung und das Streichen von Leistungen, wie bspw. eine schlechter zugängliche Zeiterfassung oder eine Verschlechterung des Mahnwesens und das Implementieren weiterer Fehler für Bestandskunden wie mich informiere ich in einem eigenen Beitrag zu gegebener Zeit, den ich hier verlinke.
Sollte man seine Buchhaltungsaufgaben einer Software wie sevdesk anvertrauen?
Meiner Meinung nach: Nein. Eine gute Zusammenarbeit setzt auf Vertrauen. Ob dabei Fehler gemacht werden, ist für mich nicht so entscheidend, wie der Umgang damit.
Und: Ich wäre der letzte, der nicht weiß, dass auch Mal Dinge richtig in den Sand gesetzt werden können. Meine Schmerztoleranz ist dafür inzwischen angemessen hoch.
Dennoch: Ein Unternehmen, die aber auch 4 Jahre später nicht verstanden hat, wie man eine Buchhaltung 2.0 /Version v2 umsetzt, ausrollt und fehlerfrei bekommt? Das Ressourcen investiert, um Spuren zu verwischen, als die Ressourcen zur Lösung einzusetzen? Da ist es jedem selbst überlassen, darüber zu urteilen, einen Teil des Tagesgeschäfts diesem Unternehmen anzuvertrauen.
Ich würde es nicht nochmal tun und suche nach Alternativen.